Andorras Bau- und Immobilienwirtschaft wird durch die Forderung nach Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses unnötig negativ beeinträchtigt |
|
|
Ausländer benötigen Führungszeugnis beim Immobilienkauf in Andorra
Bürokratie wird zur Belastung für den andorranischen Immobilienmarkt
22.07.2013
Immobilieninvestitionen in Andorra durch Ausländer werden durch den Zwang zur Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses stark ausgebremst.
Der andorranische Immobilienmakler- und Hausverwalter-Verband (AGIA) kritisiert das neue Gesetz zur Regulierung der Investitionen von Ausländern in Andorra [1] scharf. Das Gesetz und die Ausführungsbestimmungen [2] tangieren den Immobiliensektor in Andorra durch unangemessene zusätzliche neue Erfordernisse negativ.
Nichtandorranische Kaufwillige müssen erst einen 4 Seiten umfassenden Antrag [3] auf Genehmigung des Erwerbs einer Immobilie in Andorra ausfüllen und eine notariell beglaubigte leserliche Fotokopie des Reisepasses, welche mit einer Apostille [4][5] versehen sein muss, beifügen. Darüber hinaus ist eine behördliche Bescheinigung über bisher registrierte Vorstrafen [6] aus ihrem Geburtsland oder aus ihrem derzeitigen Wohnsitzland, ebenfalls mit Apostille versehen, einzureichen.
Ferner muss von allen Dokumenten, die nicht in katalanischer, französischer oder spanischer Sprache abgefasst wurden, Übersetzungen beigefügt werden, welche von einem zugelassenen vereidigten Übersetzer in die katalanische Sprache übersetzt wurden.
Für die Bearbeitung des Antrags benötigt die Verwaltung in Andorra derzeit etwa 60 Tage. Ferner fordert die Verwaltung häufig noch ergänzende Informationen von den Antragstellern. Nicht selten wird, wie auch von der Ausländerbehörde bei der Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung in Andorra, das Führungszeugnis aus allen Ländern verlangt, in denen der Antragsteller zuvor einen Wohnsitz hatte.
Obwohl jedem Investor klar sein sollte, dass der Erwerb und die Haltung von Eigentum an Immobilien nicht automatisch das Recht auf eine Bewilligung des Aufenthalts in Andorra umfasst, prüft das Wirtschaftsministerium bereits nach ähnlichen Kriterien wie die Ausländerbehörde.
Der Verbandssprecher kritisiert die Erfordernisse als unangemessen, denn so mancher, der eine Immobilie kaufen möchte, überlegt es sich in dieser langen Zeit anders und nimmt von einem Kauf Abstand. Je mehr 'Daten' die Verwaltung von den Käufern fordert, um so mehr wird die Motivation der potenziellen Käufer abgewürgt, resümiert der Präsident der AGIA Joan Carles Camp.
Durch die Regelungen liegt die Kontrolle, wer an wen verkaufen darf, letztlich ausschließlich in der Hand des Wirtschaftsministeriums. Durch den Ermessensspielraum der Behörde wird der Willkür Tür und Tor geöffnet. Für jeden Eigentümer in Andorra ist die Auflage, bei einem Verkauf seines Eigentums an einen Ausländer, dass dieser zuvor von der Regierung eine Genehmigung zu beantragen und zu erlangen hat, eine unangemessene Einschränkung der Verfügungsgewalt der Eigentümer über ihr Eigentum. Der Gesetzgeber ignoriert, dass das Eigentum dem Wesen nach die alleinige Verfügungsgewalt über eine Sache darstellt. Durch Eingriffe in die alleinige Verfügungsgewalt über das Eigentum nimmt die Motivation zum Erwerb von Eigentum naturgemäß ab. Das Verfahren ist eine Zumutung für die Vertrag schließenden Parteien.
Nicht nur im Immobiliensektor wird die wirtschaftliche Entwicklung Andorras durch die Macht der Verwaltung massiv behindert.
________________________
Quellen
AGIA, Bon Dia und eigene Recherche.
________________________
[1] Gesetz von 21. Juni 2012 über Investitionen von Ausländern im Fürstentum Andorra
'Llei 10/2012 d'inversió estrangera al Principat d'Andorra' (BOPA 2012, 2842)
[2] Ausführungsbestimmungen zum Gesetz 10/2012 vom 21. Juni 2012 über Investitionen von
Ausländern im Fürstentum Andorra (BOPA 2012, 3622)
[3] Antrag auf Genehmigung der Investition von Ausländern in Immobilien 'Sol·licitud d'autorització
d'inversió estrangera en immobles'
[4] Apostille ist die Beglaubigungs- oder Legalisationsform im Internationalen Urkundenverkehr
nach dem multilateralen Haager Beglaubigungsuebereinkommen vom 5. Oktober 1961
zur Befreiung öffentlicher Urkunden von der diplomatischen Beglaubigung oder Legalisation.
[5] Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH) HCCH -
Hague Conference on Private International Law
Permanente Einrichtung zur Vereinheitlichung der Regeln des Internationalen Privatrechts
[6] Auf EU Ebene wird diese Bescheinigung als 'criminal record certificate' bezeichnet;
für Personen aus Deutschland ist ein polizeiliches Führungszeugnis Bundeszentralregister (BZR),
aus der Schweiz ein Strafregisterauszug und aus Österreich eine Strafregisterbescheinigung
erforderlich.
________________________
[ zurück zur Nachrichten-Übersicht 2013 ]
Nachfolgend die bisher abgegebenen Kommentare
Vorname Name oder Pseudonym - Datum, Uhrzeit
Titel des Kommentars
Hier könnte Ihr Kommentar stehen. |
|
Die erhaltenen Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
|
|
|