Steuerparadies in den Pyrenäen - Immobilien-Investitionen im Fürstentum Andorra. Gibt Einblick in die Situation am Immobilienmarkt, informiert über Investitionsmöglichkeiten mit konkreten Preisbeispielen und beschreibt die Marktsituation sowie die Ursachen der Anziehungskraft und weist auf Mentalitätsdifferenzen hin |
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Steuerparadies in den Pyrenäen
Immobilien-Investitionen im Fürstentum Andorra
Von Hans H. Boldt, Andorra
Der
Standort Andorra wird - neben der Gründung
von Gesellschaften und der Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes - vor
allem zu Immobilieninvestitionen genutzt. Als 1923 die erste Fahrstrasse
von Andorra nach Spanien gebaut wurde, wagte noch niemand vorauszusehen,
welche enorme touristische und bauwirtschaftliche Entwicklung damit
begann. Anfang der sechziger Jahre entdeckten vermehrt Ausländer
die Vorteile einer Immobilienanlage in dem von direkter Besteuerung
befreiten Fürstentum, was in der Folge eine andauernde Immobilienhausse
auslöste.
Die
Immobilienpreise im Fürstentum Andorra stiegen zwischen 1980 und
1990 im Durchschnitt jährlich um 40%, für erschlossene Grundstücke
um 50%. Auch heute noch ist ausser dem Tourismus und dem Handel die
Bautätigkeit eine wesentliche Erwerbsquelle der Wirtschaft. Die
Nutzung des abgabenbegünstigten Wirtschaftsgebietes Andorra durch
natürliche Personen erfolgt in beträchtlichem Umfang durch
eine Wohnsitznahme und dem meistens damit verbundenen Erwerb einer Immobilie.
Zeitweise entstand der Eindruck, als ob die Nachfrage keine Grenzen
zu kennen scheint, da immer mehr Investoren die Anlagemöglichkeiten
des Immobilienmarktes aufgreifen. Speziell die Bodenpreise haben
merklich angezogen. Erschlossener und zur Einfamilienhausbebauung ausgewiesener
Grund wird heute zu einem Quadratmeterpreis ab 20.000 Peseten (260 Fr.)
aufwärts gehandelt.
Die
Situation am Immobilienmarkt
Die
Gründe für die Preissteigerung sind vor allem in der sich
abzeichnenden Verknappung von Bauland zu sehen. War vor sechs Jahren
der Quadratmeter erschlossenes Land noch unter 4.000 Peseten zu haben,
so sind heute Preise um die 25.000 und auch 50.000 Peseten an der Tagesordnung.
Für Liebhaberparzellen an besonders einmaliger Lage wird noch um
einiges tiefer in die Tasche gegriffen. In exklusiven Wohnlagen,
dazu gehören z.B. Parzellen an der Strasse "Cal Diumenge",
oberhalb von Escaldes-Engordany, wird der Quadratmeter Bauland heute
mit 60.000 bis 70.000 Peseten (790 bis 930 Fr.) bezahlt. Im ebenfalls
sonnigen Certers bei Sant Julià de Lòria zahlte man für
den Quadratmeter Bauland vor sieben Jahren noch 3.000 Peseten, Ende
1988 18.000 Peseten und heute kann man froh sein, wenn man überhaupt
noch ein Angebot bekommt.
Ein Blick in die Zeitungsinserate zeigt, dass sich nicht allzuviele
Grundstücksobjekte auf dem Markt befinden - wobei mittels Insertionen
oftmals nur der Markt getestet wird. Noch gibt es etliche Einzelparzellen
in der Grösse von 500 bis 1.000 m², aber diese halten die
Eigentümer als Rentenkapital. Auch sprechen Anzeichen dafür,
dass es künftig weniger differenzierte Grundstückspreise geben
wird, wie noch vor vier Jahren. Heute haben sich die Preise selbst in
den Kleinstgemeinden nach oben angeglichen.
In der kleinen Ortschaft Aixirivall sind Reihenhäuser nicht mehr
unter 30 Mio. Peseten (400.000 Fr.) erhältlich. Für freistehende
Einfamilienhäuser werden im Mittel Preise um 50 Mio. Peseten bezahlt,
dafür erhält man jedoch nichts Exklusives. In der begehrtesten
Wohnlage der Hauptstadt Andorra la Vella "Closes de Guillemó"
werden Liegenschaften kaum unter 160 Mio. Peseten (2 Mio. Fr.) gehandelt.
Investitionsmotive
Ein
weitaus grösseres Angebot existiert vornehmlich für Appartements
geringer Qualität. Auch hier konnten bisher noch interessante Gewinne
realisiert werden. Wer 1985 ein Appartement mittlerer Grösse am
Stadtrand von Andorra la Vella um 80.000 Peseten den Quadratmeter erwarb,
konnte knapp vier Jahre später, Ende 1989, dieses für 150.000
Peseten pro Quadratmeter weitergeben. Bessere Eigentumswohnungen sind
jedoch teurer. Wer in ansprechender Lage eine Neubau-Eigentumswohnung
erstehen möchte, muss heute für den Quadratmeter konstruierte
Fläche mit 200.000 bis 350.000 Peseten (2.700 bis 4.600 Fr.) rechnen.
Für die Anleger stehen zwei Ziele im Vordergrund - einerseits Erarbeitetes
zu sichern und andererseits Vorsorge für die Zukunft zu tragen.
Da das Fürstentum keine Besteuerung von
Einkommen und Kapitalertrag kennt, können Ausländer durch
Wohnsitznahme von der geringen Abgabenbelastung profitieren. Durch Investitionen
in Immobilien stellen sich dem Anleger angesichts beständiger Nachfrage
und der Nichtvermehrbarkeit von Grund und Boden des Mikrostaats hohe
Wertzuwachsraten in Aussicht. Daneben ist - nach eigenen Beobachtungen
- zumindest für einen Teil der Residenten ein Mehr an "Freiheit",
bedingt durch eine noch geringere Regelungsdichte, ein nicht unerheblicher
Grund.
Die fiskalischen Freiräume machen alleine noch kein Paradies,
ziehen jedoch all jene an, die sich vor nichts mehr fürchten, als
vor dem Finanzamt. Doch Andorras Rahmenbedingungen lassen die gleichen
Entwicklungstendenzen voraussehen, wie sie anderen europäischen
Niedrigsteuerländern zugrundeliegen.
Hierzu zählen insbesondere: weniger bebaubare private Landreserven,
steigende Preise, Verschärfung der Erwerbsbeschränkungen und
Erschwerung des Zuzugs für Ausländer.
Ursachen
der Anziehungskraft
Die
Mikrostaatlichkeit und ein durch die Hochgebirgsverhältnisse
bescheidener Anteil wirtschaftlich durch Bebauung nutzbarer Flächen
lassen eine Vorstellung davon aufkommen, wie ungern sich Andorraner
von jedem Quadratmeter Land trennen. Ein Vergleich mit anderen europäischen
Niedrigsteuerländern zeigt jedoch, dass das Preisniveau noch günstig
ist.
Ausserdem haben wirtschaftliche (Börsencrashs, Erhöhung der
direkten Steuern), politische (soziale Unruhen, Bürgerkriege, militärische
Auseinandersetzungen) und - bisher in geringem Umfang - ökologische
Krisen einen nachfragebedingten Preisauftrieb ausgelöst. Es ist
abzusehen, dass dieses zusätzliche Nachfragepotential bestehen
bleibt. Zu den sekundär förderlichen Rahmenbedingungen gehören
die erreichbare Anonymität des wirtschaftlich begünstigten
Investors und das Nichtvorhandensein von Devisen- und Kapitalverkehrsbeschränkungen.
Mentalitätsdifferenzen
nicht unterschätzen
Nicht
nur aufgrund einer anderen Kultur, Mentalität und Sprache ist es
für Nichtansässige besonders schwer, sich im andorranischen
Wirtschafts- und Rechtssystem zurechtzufinden. So haben Neuankömmlinge
die Neigung, anzunehmen, dass man ähnlich denkt und handelt, was
nicht selten gerade dann zu Konflikten führt, wenn sie nicht erwartet
werden. Sehr bald spürt man Differenzen in den Wertvorstellungen,
Verhaltensnormen und Denkweisen. Auftretende Probleme werden oft durch
einfaches in Untätigkeit verharrendes Abwarten zu beheben versucht.
Die mangelnde Kritikfähigkeit der Einheimischen stösst immer
wieder auf Unverständnis.
Ebenfalls darf man nicht alles glauben, was Makler erzählen. Deren
leichtfertiger Umgang mit der (Un)Wahrheit, unbewusst aus Unkenntnis
tatsächlicher Fakten und Verhältnisse oder als bewusste Informationsmanipulation,
kann zu einer negativen Beeinflussung des Entscheidungsprozesses beim
Investor führen. Zudem begünstigt die Mikrostaatlichkeit eine
Interessensverquickung der am Wirtschaftsleben Beteiligten.
Investieren in Andorra zwingt daher zu einer intensiven Auseinandersetzung
und Vorbereitung auf ungewohnte Einstellungen und Verhaltenswerte. So
werden neben Informationsproblemen, wie fehlende Verfügbarkeit,
mangelnde Zugänglichkeit und Transparenz wichtiger Fakten (Markt-
und Rechtsunkenntnis) auch andere in der Praxis auftretende Schwierigkeiten
oft nicht angemessen eingeschätzt.
Denn nicht nur wird der Zugriff auf Grund und Boden zunehmend erschwert,
auch besteht in vielen Fällen Unsicherheit über den Erwerbsvorgang.
Daneben sind für eine geplante Verlegung des Wohnsitzes nach Andorra
Vorschriften zu beachten, die oft so kompliziert sind, dass sie ohne
fremde Hilfe nicht gelöst werden können. Zusätzlich schaffen
Unübersichtlichkeit, Komplexität und sich verändernde
Verhältnisse des Immobilienmarktes für den Investor Probleme
in der Entscheidungsfindung. Die von Gebietsfremden anderen Orts gesammelten
Erfahrungen sind trotz möglicherweise ähnlich erscheinenden
Situationen nur begrenzt übertragbar und verleiten dazu, von falschen
Voraussetzungen auszugehen. Nur wer gut - und richtig - informiert ist,
kann die Auswirkungen seiner Entscheidungen abschätzen und auf
Dauer erfolgreich sein.
Für den Investor stellt sich die Frage, wie können die auftretenden
Probleme für Investitionen in Andorra mit zeitlich und wirtschaftlich
vertretbarem Aufwand gelöst werden? Dabei ist ein qualitativ hochstehender,
auf persönlichem Kontakt basierender Wissenstransfer der kürzeste
Weg zum Ziel.
Praktikable Lösungen, welche Chancen eröffnen und Risiken
verringern, können am besten durch eine individuelle und fundierte
Beratung vor Ort erreicht werden. Erfahrene Investoren ziehen daher
einen Wirtschaftsberater bereits in der Planungsphase hinzu,
statt eine Kumulation von Problemen abzuwarten, die nur dazu führt,
dass verlorenem Geld gutes Geld für Anwälte und Prozesse nachgeworfen
wird.
Auswahl
eines Wirtschaftsberaters
Ein
Vertrauensverhältnis zu einen Wirtschaftsberater vor Ort sollte
frühzeitig aufgebaut werden. Dieser sollte die Sprache des Auftraggebers
perfekt beherrschen und möglichst aus dessen Kulturkreis kommen.
Da tiefere Einsicht in Marktmechanismen und Zusammenhänge erst
aus einer aktiven Präsenz vor Ort erwachsen, darf der Berater nicht
erst seit gestern in Andorra sein.
Der rechtlichen und wirtschaftlichen Autonomie des Beraters oder der
Beratungsgesellschaft kommt eine erhebliche Bedeutung zu. Denn die Gleichzeitigkeit
von Beratungstätigkeit und Objektvermittlung oder -verkauf durch
einen Berater stellt seine Unabhängigkeit in Frage. In jedem Fall
ist es ratsam, sich für umfangreichere Vorhaben vor Auftragserteilung
Offerten unterbreiten zu lassen und diese zu vergleichen nach den Kriterien:
Ausgangslage, Zielsetzung, Vorgehensweise, Organisation, Zeitplan, Erfahrung
und Konditionen.
Die Kosten für Beratung sind in Andorra nicht höher als anderswo.
Der Tagessatz ist von zweitrangiger Bedeutung, da er nichts über
die Qualität der Ergebnisse aussagt. Entscheidend sind Preis und
Ergebnis. Hier gilt, dass gute Leistungen auch ihren Preis haben und
ein Sparen am falschen Ort teuer ist. Augenblicklich liegen die Tagessätze
zwischen 40.000 und 110.000 Peseten (500 bis 1.500 Fr.).
Der Berater muss aber nicht nur Unabhängigkeit und Integrität
beweisen, sondern auch nach wirtschaftlichen Marktprinzipien und einem
transparenten Honorar- und Abrechnungsystem arbeiten. Darüberhinaus
empfiehlt es sich, für eine beabsichtigte Wohnsitzverlegung nach
Andorra einen auf Aussensteuerrecht spezialisierten Berater im bisherigen
steuerlichen Wohnsitzland des Investors zu kontaktieren. Durch eine
Kooperation des "lokalen" und des "vor Ort" Beraters
kann eine bessere Koordinierung der projektierten Massnahmen erreicht
werden.
Ohne Zweifel bietet Andorras Immobilienmarkt dem Investor Chancen, von
denen er in der Schweiz nur träumen kann. Dennoch ist Andorra nicht
uneingeschränkt für jeden Anleger zu empfehlen. Das Fürstentum
dürfte aber insbesondere im Hinblick auf die Kapitalerhaltungs-
und vermehrungschancen verbunden mit der Möglichkeit, durch Wirtschaftsberatung
die Anlage zu optimieren und Risiken zu begrenzen, eine Überlegung
wert sein. Auch wenn im Hintergrund jeder Veränderung Unwägbarkeiten
auftauchen, so gilt es in erster Linie, neue Chancen wahrzunehmen und
damit Erfolg und Zukunft zu sichern.
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Externe Links
URL:
http://www.fuw.ch
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Zitiervorschlag
Boldt,
Hans. H.: Steuerparadies in den Pyrenäen - Immobilien-Investitionen
im Fürstentum Andorra. Online in Internet: URL: http://www.andorra-intern.com/artikel/de901017.htm
[Stand: *Abrufdatum*].
Dieser
Beitrag entstand ursprünglich für den Verlag Finanz
und Wirtschaft AG in Zürich und wurde erstmals veröffentlicht
in: Finanz
und Wirtschaft - FuW, 1990, 17. Oktober, Nr. 80, S. 47.
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