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Andorra im Sog des Euros

Wenn der Euro kommt, steigen in Andorra die Preise

Mit Annahme einer Verfassung durch Volksentscheid schuf Andorra die formalen Voraussetzungen eines Rechtsstaats und ebnete der Steueroase den Weg zum Beitritt zur UNO und zum Europarat. So mauserte sich Andorra 1993 zum souveränen Staat mit internationaler Anerkennung. In nur 40 Jahren verwandelte sich die einst bäuerliche Struktur mit nur 6.189 (1955) Einwohnern in eine urbane. Durch massive Einwanderung wuchs der Ausländeranteil auf 81%; 12.000 Andorranern stehen heute 51.000 Ausländer gegenüber. Aus Angst vor einer weiteren Überfremdung wurden seit 1992 an Ausländer keine neuen Dauerwohnsitzgenehmigungen mehr bewilligt. Die Suspendierung der Zuzugsquote liess den sich nach dem Boom Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre abkühlenden Immobilienmarkt partiell abstürzen.

Früher kauften vor allem spanische Kleininvestoren Wohnungen als Kapitalanlage und Zweitwohnsitz. Als dieser Käuferkreis 1993 endgültig ausblieb, ging es steil bergab. Trotzdem wurde ein Wohnblock nach dem anderen gebaut und verstärkte so die hausgemachte Krise. In den letzten 4 Jahren sind rund 3.000 arbeitslos gewordene Gastarbeiter und durch die Diskussion um die Besteuerung der ausländischen Kapitalrentner in Panik geratene Residenten abgewandert. Nach dem Rückgang der Bevölkerung in der Hauptstadt Andorra la Vella um 5% ist keine Wohnungsnot mehr zu spüren, die Mietzinse sind um 30% gefallen.

Wohnungen und Reihenhäuser, die mittlerweile einen Bestand von rd. 28.000 Wohneinheiten erreicht haben, sind im Abwärtsstrudel. 10.000 leerstehende Wohnungen belasten den Markt. Durchschnittlich werden noch 175.000 Ptas./m2 verlangt. Früher wurde bevorzugt in den Zentren von Andorra la Vella und Escaldes gekauft. Jetzt geht der Trend, begünstigt durch inzwischen ausgebaute Strassen und kurze Distanzen, ins Umland, weil es dort ruhiger und die Luft abgasfrei ist.

Der Rückkauf der Heimat durch die Andorraner ist seit 1995 im vollen Gang. In der Pleta von Ordino wohnten vor 10 Jahren noch 90 % Ausländer, jetzt nur noch 60 %. Da gesamthaft nur 2. 500 Einfamilienhäuser vorhanden sind, haben sich deren Preise trotz verminderter Nachfrage auf einem stabilen Niveau gehalten, durchschnittlich bei 50 Mio. Ptas. Die Grundstückspreise sind kontinuierlich gestiegen, denn Baugrundstücke sind rar. Makellose Grundstücke findet man ab 45.000 Ptas./m2. Den Gemeinden stehen keine Baulandreserven zur Verfügung, die sie zur Erschliessung abgeben könnten. Grund wird privat urbanisiert.

Die Maklergebühr beträgt 5% vom Verkaufspreis und ist vom Verkäufer zu zahlen. Mehr als 200 (1996) im Betriebsstättenregister eingetragene Immobilienagenturen warten auf Interessenten. Nur wenige sind qualifiziert, um eine objektive Liegenschaftsbewertung durchzuführen. Daneben bemühen sich unzählige nicht registrierte Gelegenheitsmakler.

Eine Besteuerung des Einkommens kennt Andorra ebensowenig wie eine Wertzuwachs-, Spekulations- oder Vermögenssteuer. Andorras fiskalische Standortvorteile nutzen gerne steuermüde Ausländer. Das Gesetz über die Passiven Residenten, in Kraft getreten am 27. Dezember 1996, regelt den Zuzug von Personen, die keiner angestellten oder selbständigen Tätigkeit in Andorra nachgehen. Verlangt wird von den Aspiranten u. a. eine unverzinsliche Hinterlage von mindestens 4 Mio. Ptas. und Anwesenheit von 183 Tagen im Jahr. Die bis zum 30. Mai 1997 gültige Quote erlaubt dem Immigrationsamt die Bewilligung von 800 Anträgen. Bis Anfang 1997 hatten sich 600 Begehren angesammelt. Daneben dürfen pro Jahr 500 neue Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt werden.

Erstaunlich ist, dass derzeit eine ausserordentliche Erwartungshaltung in der Luft liegt. Die Sorge, dass in den Nachbarländern nicht deklariertes Geld nach der Einführung des Euros nicht umgewechselt werden kann, heizt die Phantasie an. Makler rüsten sich, nutzen sogar das Internet zur Promotion. Das alles können Anzeichen für einen baldigen Aufwärtstrend sein. Dennoch wird der Markt auch in Zukunft uneinheitlich bleiben. Bereits eine kleine Nachfragewelle kann die Preise für Einfamilienhäuser zum explosionsartigen Ansteigen stimulieren. Vereinzelt konnten die ersten kurzfristig angelegten Erwerbungen registriert werden. Diese Objekte sind wenig später - frisch gestrichen - wieder am Markt zurück. Als Schnäppchen gelten derzeit Chalets im Wohngebiet von Auvinyà. Nach Runderneuerung der Infrastruktur sind die Liegenschaften dort preislich unterbewertet.

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Version: 10.2, letzte Bearbeitung: 30. Januar 2018